die Leistung der Motore

E-Bike, Pedelec, Elektrofahrrad
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doran

die Leistung der Motore

Beitrag von doran »

Heite ein paar Zeilen rund um die Leistung der Pedelec-Motoren,
wer sich den bereits erschienenen Beitrag über Pedelec- Motore "im Allgemeinen" durchliest,
hat Vorteile beim Verständnis.

Für Käufer scheint es so, als gäbe es Motore - fest eingefügt in Klassen, als da wären
180W.(älter) - 250W ( EU-Standard ) - 300W (S-Pedelec light) - 400W ( S-Pedelec Nachrüst-Kit )
500W. S-Pedelec ( EU-Standard-max.) 750W.-USA / Österreich 1000W.-USA / Österreich
u. "Freestyl-Freunde" - DE
Man versucht, dem Käufer eine Möglichkeit des Einordnens zu geben. Für den Käufer ist das
ausreichend, solange er sich bewußt ist, daß die Einordnung nur grob ist. Für eine genauere
Bestimmung ist der Bezug mehrer zugehöriger Parameter notwendig, das überfordert den
Normalkunden. Kennt man die Hintergründe nicht, so sind Fehlbeurteilungen und Fehlkäufe vor-
programmiert. Früher war das einfacher, eine Betriebsspannung ( z.B. Gleichspannung 24V )
wurde vorgegeben, dann wurde eine Last vorgegeben ( meist Bremsleistung ) bis der Motor seinen
maximal zulässigen Drehzahlabfall , das war der Arbeitspunkt an dem er die maximale Last noch
treiben konnte, ohne zum Stillstand zu kommen ( abgewürgt wurde ) , - oder seine
höchstzulässige Temperatur erreichte. Der Konstrukteur versuchte beide Arbeitspunkte möglichst
deckungsgleich hinzukriegen. Man schaute auf den "gezogenen" Strom, multiplizierte mit der
Betriebspannung und erhielt die aufgenommene Nennleistung. Wer es genauer wissen wollte,
setzte die erbrachte Bremsleistung ins Verhältnis zur aufgenommenen Nennleistung und erhielt
den Wirkungsgrad . Generationen von "Elektrikern" kamen damit gut über die Runden.

Beim mittlerweile klassischen Pedelecmotor ist das etwas komplizierter. Ausnahmen und
exotische Sondermotore lassen wir außerhalb unserer Betrachtung. Der Pedelec-Motor
als Beispiel der Radnabenmotor 16 ...32 pol. mit integrierten Hallgeneratoren als Steuerelemente,
wird nicht mit Gleichspannung betrieben. Hohe Polzahlen verbessern den Rundlauf bei geringer
Ansteuerung und erhöhen das Drehmoment, diese Motore kommen am Berg besser zurecht,
doch der Preis steigt beachtlich. Der zwischen Akku und Motor geschaltete Controller
liefert Impulse ( meist Rechteckpulse) in gleichmäßiger Folge oder als Pulspakete. Mit diesen
Pulsen werden die Spulen umlaufend angesteuert. Durch die entstehende Polarisierung entsteht
eine Anziehung zwischen Rotor u Stator. Da die "Anziehung" umläuft, wird der Rotor
"mitgenommen" es entsteht ein Drehmoment u. Drehung - der Motor läuft, es entsteht "Schub".
Um einen ruhigen Rundlauf ( kein ruckeln ) zu gewährleisten, - bei geringer Ansteuerung,
werden "Zwischenpulse" zugesetzt, abgestimmt auf die Motorcharakteristik. Bei nicht
angepassten ( zugekauften ) - nachgerüsteten Controllern ) entfällt das. Bei optimierten
Serienrädern wird in der Entwicklungsabteilung auf solche Dinge geachtet.
Die Motoren sind eine "Mischform" aus Gleichstrom u. Drehstrommotor mit asynchronem
Verhalten ähnlich dem "Kurzschlußläufer" beim Drehstrom, dabei wird der drehende und
feststehende Teil Rotor / Stator ) vertauscht. Man spart den Kollektor u. vermeidet so
das für die Elektronik schädliche Bürstenfeuer. Durch Verwendung von Permanentmagneten
wird das Ganze fast verschleißfrei. - (ohne Materialfehler oder Überlastung )

Bei minimaler Ansteuerung werden die Impulse so "ausgedünnt" daß der Motor gerade noch rund
läuft, ohne nennenswert Leistung abzugeben.
Bei maximaler Ansteuerung wird die Impulsfolge so dicht, daß man fast von einer Gleichspannung
bestehend aus dicht angereihten Nadelpulsen - sprechen kann. Elektronische Strombegrenzer und
thermische Schalter verhindern daß der Motor "abraucht", wenn er im konstruktiven Grenzbereich
betrieben wird. Heißt: Legt man einen Motor für 36V Gleichstrom aus, ( pulsierende-Gleich-
spannung ) so kann auf eine Sicherung ganz oder teilweise verzichtet werden - wenn er mit 36 V.
betrieben wird. Heißt: wenn Drahtquerschnitt der Wicklungen, Größe der Ferrite und Kühlflächen
großzügig bemessen sind. Legt man den Motor konstruktiv auf 24V aus und betreibt ihn mit 36V-
Nadelpulsen, so wird er innerhalb eines Arbeitsbereiches wie ein "getunter" 24V Motor arbeiten.
Der Stromanstieg in den Spulen erfolgt steiler, wird aber durch die Pulsbreite begrenzt - eine
Sättigung des Magnetfeldes und nachfolgend steiler Stromanstieg erfolgt nicht - Überhitzung wird
vermieden. Im unteren Bereich ( schwache Ansteuerung ) wir der Motor bei gleicher Pulsfolge
mehr Strom aufnehmen als im 24V-Betrieb. Er wird durchzugstärker weil ein größeres Drehmoment
entsteht. " HT-Version - high torque "

Mit zunehmender Pulsfolge entwickelt der Motor spürbar mehr Kraft - man hat das Gefühl eines
getunten-Motors. Mit stärkerer Ansteuerung erreicht der Motor durch die stets dichtere Pulsfolge
seinen Sättigungspunkt. Heißt: der Motorstrom nimmt weiter zu, aber die dazugehörigen
Magnetfelder werden nicht mehr im gleichen Maße stärker ( physikalich u.konstruktionsbedingt)
es entsteht kein" Plus" an Kraftentfaltung - die zusätzliche Energie durch weiteren Stromanstieg
wird mehr und mehr in Wärme umgesetzt - statt in "Schub". Der Wirkungsgrad sinkt - der
Überlastungsschutz muß eingreifen um den Motor vor Überhitzung zu bewahren. In Grenzen kann
man so Motore für 36V auslegen, dann sowohl mit 24V betreiben und mit Überlastschutz auch
an 48V Controller anlegen. Wird das sorgfältig dimensioniert, spart sich der Hersteller einige Motor-
Baureihen. Man verändert durch äußere Beschaltung den Arbeitsbereich. Bion-X beschreitet
diesen Weg sehr erfolgreich. Andere Hersteller gehen mehr und mehr den gleichen Weg.
Hat man einen 24V-Motor vor sich, kann der erfahrene Selbstbauer ihn durchaus an einen
36V - Controller mit 36V - Akku anlegen. Nachrüstcontroller haben oft eine einstellbare
Strombegrenzung, damit läßt sich der Maximalstrom begrenzen, am Berg und bei Hitze die beiden
Leistungskriterien ( Schwachpunkte ) für den Radnabenmotor. Wie erkenne ich, ob ein Motor für
24-36-48 V. ausgelegt ist ? Der Laie kann das nicht. Firmen erhalten umfangreiche Datenblätter
aus denen abzulesen ist wo der Soll-Arbeitspunkt des Motors liegt. Der Konstrukteur kann dann
den Arbeitspunkt in Grenzen verschieben. Abwärts von 36V nach 24V ist das unkritisch. Aufwärts
von 36V nach 48V muß man den Arbeitspunkt definieren und ein Auswandern verhindern. Heißt:
Durch elektronische Sicherungen im Motor und / oder im fest zugeordneten Controller dafür
sorgen, daß der Maximalstrom begrenzt, oder die max. Impulsfolge gedrosselt und die Erwärmung
gedeckelt wird. Bei hochwertigen Steuerungen lässt sich alles kombinieren. Das macht bei
Serienrädern alles die Entwicklungsabteilung - der Käufer braucht sich nicht damit belasten.
Rüstet man selber nach - oder um - muß man sich selber um diese Dinge kümmern. So liefert
Bion-X den "500W-Motor" nur an Firmen aus, weil dadurch sichergestellt ist, daß der Motor artge-
recht betrieben wird. Liest man Testberichte, so wird häufig geklagt daß der Motor am Berg rasch
überhitzt. Welchen Schluß zieht man daraus ? Ich würde den Schluß ziehen, daß es hier
konstruktiv um einen 36V Motor geht, der wie oben beschrieben, mit verändertem
Arbeitspunkt betrieben wird - jedoch bei 48V Betrieb rasch in die Sättigung ( am Berg ) getrieben
wird und rasch überhitzt. An 36V mit anderem Controller wird der Motor zum " HT-Motor" mit
verstärktem Drehmoment, an 24V wieder mit anderem Controller wirkt der gleiche Motor dann
schwächlich mit mäßiger Durchzugskraft. Schaut man sich die mechanischen Maße an, stellt man
fest, daß sie gleich sind. Welchen Schluß zieht man daraus? Ich ziehe den Schluß daraus ,der
Motor ist identisch. Ob die Wicklung um eine Drahtstärke variiert und die Hallelemente variieren,
mag dahingestellt sein. Bion-X hält sich bei Privatkunden bedeckt - praktisch gibt es keine
Unterlagen oder Auskünfte. Bei autorisierten Händlern wird's dann schon besser. Andere Firmen
verhalten sich ähnlich. Nachrüst-Verkäufer und Firmen sind da großzügiger, hier sind Unterlagen /
Auskünfte und Schaltpläne zu erhalten - wenigstens in ausreichendem Masse.

Wer bis hier gelesen hat, fragt sich wie man die Leistung des Motors definieren kann. Das ist zur
Zeit nicht genormt. ( wird noch kommen ) Man schätzt ab wie stark ein gut trainierter Fahrer in
die Pedale tritt, steuert den Motor mit größter Unterstützun an und schaut wieviel Strom ( bei vollem
Akku ) gezogen wird. Es wird jeweils ein optimierter Controller ( in Bezug auf die Betriebsspannung)
zwischen Motor und Akku geschaltet. Damit hat man grob die aufgenommene Leistung
( Nennleistung ) Das wird großzügig auf oder abgerundet auf 180 W. - 250 W.- 300 W. - 400 W.-
500 W. Die Motoren erhalten kein verbindliches Leistungsschild wie man das bei Elektromotoren
gewohnt ist. Man kann davon ausgehen daß die angegebene Nennleistung der Dauerleistung ( S1 )
bei entssprechender Betriebsspannung und Controller entspricht. Heißt: der Motor wird diese
Leistung dauernd aufnehmen können ohne durch überhöhten Strom oder Temperatur geschädigt
zu werden. Trotzdem verfügen fast alle Motoren über eine Strombegrenzung und Thermoschutz.
Kurzzeitig kann die Leistung verdoppelt werden, beim Start und kurzen Steigungen. Kurzzeitig
heißt in der Größenordnung +/- 3 min. ( genormt ist das noch nicht ) So kann der 36 V-
Beispielmotor an 24V länger "überlastet" werden als an 36V und noch knapper wird es bei 48 V.

Zusammenfassug: Bei herkömmlichen Motoren bestimmt in erster Näherung die Betriebsspannung
die Leistung des vorliegenden Motors ( Gleich - Wechsel u Drehstrom bei fester Frequenz ) Beim
Pedelec-Radnabenmotor bestimmt in erster Näherung der Controller die Leistung des Motors. Er
tut dies mittels Strombegrenzung - Impulsfolge / Impulspaketfolge - Begrenzung u. thermischer
Überwachung. Bei einfachen Controllern reicht eine Strombegrenzung - einstellbar oder fest u.
Abschaltung über Temperaturfühler.
Offiziell werden die Betriebsarten als S1 - S2 - S3 bezeichnet. Bei der Bestimmung der Motorwerte
geht man von einer Umgebungstemperatur von 40 Grad ( max.) aus, jeweils ohne Fahrtwind oder
Ventilatorkühlung. Da in der Praxis Fahrtwind zusätzlich kühlt, werden die angegebenen Werte
problemlos eingehalten.

S1: die Nenndauerleistung, macht eine Aussage für den Dauerbetrieb. "Betrieb mit konstantem
Belastungszustand, dessen Dauer ausreicht, den thermischen Beharrungszustand zu erreichen."
Heißt: Soviel mögliche Last, daß der Motor sich erwärmt, jedoch in ein Gleichgewicht kommt von
aufgenommener und abgeführter Wärme - er erreicht eine Betriebstemperatur u. verharrt dort ohne
zu überhitzen, oder Fremdkühlung zu benötigen.

S2: der Kurzzeitbetrieb "Betrieb mit konstantem Belastungszustand, der aber nicht so lange dauert
daß der thermische Beharrungszustand erreicht wird u. einer Pause, die so lange besteht, bis die
Motortemperatur nicht mehr als 2 Kelwin von der Temperatur des Kühlmittels abweicht."
Heißt: Eine gleichmäßige Last wird solange angelegt, daß die endgültige Betriebswärme nicht
erreicht wird - mit Pausen, - daß der Motor nicht wärmer wird, als 2 Grad über der
Kühlgehäusetemperatur . (Motorgehäuse / Kühlflächen )

S3: der Aussetzbetrieb, welcher sich aus einer Folge gleichartiger Betriebszeiten zuammensetzt
von denen jede eine Zeit mit konstanter Belastung und Pause umfasst, wobei der Anlaufstrom die
Erwärmung nicht merklich beeinflußt.
Heißt: Kurzzeitbetrieb ( häufiges Anfahren ) mit Pause ohne daß sich der Motor fühlbar erwärmt.

Es fehlt die offizielle Kurzzeitbelastung S4 ?
In der Praxis versteht man darunter die Leistung die der Motor abgeben kann, bevor er überhitzt
u. zerstört wird. ( durchbrennt) Wird nichts näher bezeichnet, versteht man allgemein einen Zeit-
raum von 1..3 min. max. als Kurzzeit für elekrische Leistungsangaben. Wer sicher sein will,
sollte 1 min. voraussetzen. Vernünftige Leute fühlen in Grenzsituationen mit der Hand "ob man
noch anfassen kann" das ist besser als alle Theorie !
Ich schließe hier um nicht zu überziehen Gruß Doran.
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Dieter-K
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Wohnort: Gelsenkirchen, Ruhrgebiet

Re: die Leistung der Motore

Beitrag von Dieter-K »

Hallo Doran,

deine Ausführungen lese ich immer interessiert. So werde ich bestens über die Konkurrenz unserer kleinen Benzin-Stinker informiert.
Was die Leistungsfähigkeit der Pedelecs angeht, hat sich aufgrund der Nachfrage der Leistungsfreaks Einiges getan.
Die Entwicklungsabteilungen der Hersteller reagieren.

Soweit in der Scene der Pedelcs. Und bei uns? Da sitzt anscheinend die inoffiziell ausgelagerte Entwicklungsabteilung hier, bei MOTORFAHRRAD.EU ]:->

Grüße - Dieter
nicht mehr Mitglied

Re: die Leistung der Motore

Beitrag von nicht mehr Mitglied »

Dieter-K hat geschrieben:Hallo Doran,



Soweit in der Scene der Pedelcs. Und bei uns? Da sitzt anscheinend die inoffiziell ausgelagerte Entwicklungsabteilung hier, bei MOTORFAHRRAD.EU ]:->

Grüße - Dieter
=-O :hae: :muahaha: :muahaha: :muahaha:

Würde sagen sollen die SCHLAUEN doch SACHS übernehmen. Chancen gab's bisher genug.
Bin gespannt was dann auf den Markt kommt.

erfurchtvolle grüsse vor den schlauen köpfen
:andiearbeit:
Bernd
winfried

Re: die Leistung der Motore

Beitrag von winfried »

Hallo Doran,

um Elektrofahrräder habe ich mich bis heute nicht gekümmert.
Ich bin einmal mit einem Kalkhoff gefahren, war aber von der Leistung bei unserem
Mittelgebirge nicht überzeugt und hatte diese Art der Fortbewegung für mich ad acta gelegt.
Dein Artikel hat mich jedoch interessiert und ich habe ihn zu Ende gelesen.
Hoch interessant!
Heute habe ich das erstes Mal einen Einblick in die Steuerung dieser Fahrradmotoren bekommen.
Danke! *THUMBS UP*

Gruß Winfried
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