Urlaub mit Saxo u Pedelec

E-Bike, Pedelec, Elektrofahrrad
doran

Urlaub mit Saxo u Pedelec

Beitrag von doran »

In der 2.ten Augusthälfte haben meine Frau u ich 2-Wochen Radurlaub im Münsterland ( Senden)
gemacht. Meine Frau fuhr mit ihrem "Giant-Twist1" vom Januar 2007 mit 24V-10Ah Lithium-Ionen
Akku - doppelt u ich mit der "Saxonette-Light" vom Juni 2008. Meine Frau mit einem Kilometerstand
von 6.300km u ich mit 1450km auf dem Zähler.
Interessant war die Frage wie würden sich beide Fahrzeuge parallel im "Urlaubsalltag" verhalten.
So ging je ein Tag ( von 14 ) für An u Abreise verloren u 1 Ruhetag u 1 Regentag reduzierten
die Sache auf 10 - "Fahrtage". In diesen 10-Tagen wurden 710km Strecke zurück gelegt,
Radwege - asphaltierte Feldwege - Sandwege - Schotterpisten. Im Schnitt 65..70 km pro Tag
maximal 79km, was für ein Pedelec schon recht ordentlich ist. Wegen der Geruchsbelästigung
fuhr ich meist hinter meiner Frau u sie gab die Geschwindigkeit vor um nicht überfordert zu werden. Reisegeschwindigkeit war 18..19 kmh, bei Rückenwind 20..22kmh u bei Gegenwind Abfall auf 15..17 kmh. So viel zum Reisehintergrund.

Beim Pedelec kristallisierte sich heraus, daß man 60 km mit einer Ackuladung ( 24V/10Ah)
bei niedrigster Unterstützungs-Stufe ( "ecco-mode") geschätzt 35% Unterstützung - fahren kann. Dies gilt für Gegenwind bis Stärke 2 u ohne nennenswerte Steigungen.
Bei Gegenwind Stärke 3 u 4 sinkt die Reichweides des Akku auf ~ 50 km. Bei Windstärken
oberhalb 4 fahren wir nicht weil die Sache nicht zum "Leistungs-Sport" ausarten soll.
Nähert man sich den Ausläufern des Teuteburger-Waldes hinter "Nottuln" - "Havixbeck"
- "Dülmen" von Senden aus kommend, trifft man auf Steigungen die im Bereich 3...7% liegen.
Für die Saxonette kein Problem da ich mit 76 kg fast ideales Fahrergewicht mitbringe.
Dabei mußte ich dann jeweils an meiner Frau vorbei fahren um den Motor auf Drehzahl zu halten.
Ab u zu war etwas Mittreten sinnvoll um "Würgerei" des Motors zu vermeiden.
In den Bergen ist die Saxo dem Pedelec haushoch überlegen.
Bezogen auf den "schmalbrüstigen-Akkubetrieb" schöpft sie "Kraft aus dem Vollen".
Ist man bereit mitzutreten, können Steigungen bis ~ 10% bewältigt werden. Eine Schaltung
an der Saxo hat sich bestens bewährt, sowohl auf Strecke - am Berg - oder in der Stadt
u engen Wegen. Mit dem Pedelec sind Berge bis 8% dank 8-Gang - Nabenschaltung auch zu
bewältigen. Die Geschwindigkeit fällt dann auf 8..12 kmh ab u der Stromverbrauch steigt drastisch
an. Folgen mehrere langgezogene Steigungen aufeinander, kommt der Elektroantrieb rasch an
seine Grenzen. Die Gesamtfahrstrecke pro Akkuladung halbiert sich, oder weniger als das.
Hält man die Reststrecke bis zu Hause nicht im Auge kann es am Schluß nicht reichen u man
strampelt die letzten km ohne Antrieb. Als praktische Obergrenze für die letzten km ohne Motor
setze ich fürs Pedelec 10km u für die Saxo 6..8km an, darüber hinaus wird's ungemütlich u für
"Normalfahrer" nicht akzeptabel. Das Giant-Twist wiegt fahrfertig 31kg , die Saxo 35kg. Mit Regen
kleidung - Getränke - Flickzeug - Werkzeug - Mütze usw. kommen dann noch ~ 2..3 kg. hinzu.
An Steigungen u beim Anfahren ohne Motor merkt man das gewaltig. Hier kommt die Anfahrhilfe
bis 6kmh des "Giant-Twist" angenehm zum Tragen. Bei der Saxo ist Mittreten im "großen-Gang"
bis ~ 12kmh angesagt. Bei der Talfahrt zieht die Saxo im Leerlauf regelmäßig am Pedelec trotz
"26"- Räder vorbei. Die Freilauf-Eigenschaften der "Saxo-Light" sind als sehr-gut zu bewerten. Das
Vorderrad pendelt bis zu 3x zurück - das haben sonst nur wenige hochwertige Normalräder. Da
der Motor im Leerlauf gänzlich auskoppelt, läuft sie den Berg hinunter mit ihrem vergrößerten
"Fahrradgewicht" besser als manches Rad. Das Pedelec tut sich hier schwer. Zwar besitzen die
Räder auch gute Lager - doch der Motor koppelt nicht gänzlich aus. Im Fahrbetrieb ohne Treten
bergab ruckelt er mit geschätzen 2Hz/s. Heißt: intern schaltet er von Motor auf Generator 2x pro
sec. um. Das bremst u führt zu mechanischem Verschleiß. Dies ist ein Steuerproblem u kann
elektronisch oder softwaremäßig gelöst werden. Ob Nachbesserungen ( updates) dies mittlerweile
erledigt haben, weiß ich nicht. Schaltet man den Antieb ab sollte es in erster Annahme besser sein, tut es aber nicht wirklich, der Motor läuft im Generatorbetrieb mit geringen Feldstärken
(Restmagnetismus) Die entstehenden Wirbelströme vernichten Energie u bremsen als Folge.
So kann die Saxo regelmäßig bergab am "Giant-Twist" vorbei ziehen. Zusätzlich läßt sich das
"Twist" auf Stromrückgewinnung ( Rekuperation) schalten, das bremst natürlich ansehnlich,
doch etwas "Bergstrom" kommt zurück in den Akku u verlängert die mögliche motorunterstützte
Rückstrecke. In jedem Fall besser als die Energie der Talfahrt in den Bremsen in Reibungswärme umzusetzen.Für die Saxo spielt das keine Rolle - der Tank reicht satt für eine Tagestour mit u ohne Steigung oder Gegenwind.
Bei sparsamem Fahren kommt das Pedelec mit 1-Akkufüllung pro Tagesstrecke hin. Das bedeutet daß abends in der "Herberge" 4h geladen werden muß.
Meist von 19.30 ... 23.30 Uhr. Ist der Zweitakku mehr als 50% leer, muß auch er nachgeladen werden. Den läßt man dann über Nacht am Ladegerät, das geht,- ist mir aber etwas unangenehm
denn sollte der Lader nicht abschalten ( Elektronik defekt ) kann man sich für ~ 420 Euro einen Neuen kaufen. In Zukunft werde ich für diesen Fall eine Zeitschaltuhr mitnehmen.
( Vertrauen ist gut - Kontrolle besser) Ansonsten ist das "handling" des Pedelec einfach.
Der Antrieb ( Motor u Steuerung) kann man fast als narrensicher bezeichnen. Die Saxo benimmt sich da oft etwas grazil u manchmal beleidigt. So sinkt die Leerlaufdrehzahl mit steigender Außen-Temperatur u umgekehrt. Folgt heißes auf kühles Wetter muß man die Leerlaufdrehzahl anpassen oder der Leerlauf steht zu hoch u umgekehrt. Beides ist Murks.
Mein alter "Heinkel-Tourist"- Roller lief damals bei allen Temmperaturen im Leerlauf wie ein Uhrwerk u das in den sechziger-Jahren. Außerdem verfettet das Gemisch bei längerem
Leerlauf (>1min.) u Leistung nimmt der Motor nur unwillig wieder an - oder er stirbt ab. Technisch ist das unzeitgemäß für ein Fahrzeug Baujahr 2008 - u umgangssprachlich Murks.

Da der Motor tief hängt, saugt er viel Staub auf Schotterpisten an. Meine Befürchtung daß Sand
in den Vergaser gelangt u zum Ausfall führt, hat sich nicht erfüllt.Ob diese Angst begründet war,
weiß ich nicht, da haben Andere wohl mehr Erfahrung. Gestartet ist das Motörchen ordentlich,
oberhalb 20-Grad meist ohne Choke.Da ich mir eine Spannungsanzeige eingebaut habe, konnte
ich gut beobachten wie der Akku geladen wird. Bei 5..8 x Starten tagsüber u einer Tagesstrecke
von ~ 70km braucht man nicht mit dem Ladegerät nachladen. Es stellt sich eine Spannung -gemittelt ~ 13,4...13,8 V. ein. Heißt: der Akku wird mit der "Zündspule zu gut 95 % aufgeladen"
Hält man sich an diese Größenordnung (5..8) u startet zwischendurch u bei kaltem Motor mit dem
Handstarter so hat man stets noch genug Reserve für Notfälle im Akku. Von 12,5 V. abwärts nach 11 V. wird das Startverhalten kontinuierlich schlechter. Der Anlasser dreht langsamer u der
Startvorgang dauert stets länger - das gibt dem Akku dann schnell "den Rest".
Für die Bastelfreunde: Spannungsanzeige APM1 Nr.853 952 - Conrad - 19,95 Euro
Der Eigenverbrauch beträgt ~ 70 mA während die Zünd - Spule mit max. 100 mA. lädt.
Sinnvoll ist ein Mini-Schalter um Strom zu sparen, nur einschalten zwecks Spannungsüberprüfung. Der Benzinverbrauch variierte zwischen 1,5 ..1,8 ltr./100km.
Absolut gesehen nicht viel - bezogen auf die Leistung von ~ 0,7 Ps (500 W.) jedoch ein Trauer-
spiel. Ich vermute das dies auf "große Spülverluste" zurückzuführen ist. Dafür macht es dann
auch mehr Spaß, - Saxo zu fahren als mit dem "sterilen Pedelec" zu strampeln.
Auf Dauer tut es dem Motörchen nicht gut immer mit 15..18 km durch die Gegend zu zockeln.
Da wird es notwendig zwischendurch mal ein paar km Vollgas zu fahren um Verrußen u Verschmauchen entgegenzuwirken. Das Tanken in der "Fremde" ist schwieriger als Strom nach-
laden. Die Geruchsbelästigung ist schon deutlich, u manche Zeitgenossen reagieren empfindlich.
Da wir eine separate Unterstellmöglichkeit hatten, war das Problem gelöst. Auf dem Boden habe
ich mit Plastik abgedeckt um Ölflecken zu vermeiden. Auch da reagieren manche Vermieter sauer
wenn was daneben "tröpfelt" , das Benzin verfliegt - der Ölfleck bleibt.

Zusammenfassend kann man sagen Pedelec u Saxo vertragen sich durchaus auf den Touren.
Sinnvollerweise gibt das Pedelec die Geschwindigkeit vor u die Saxo fährt dahinter. An manchen
Steigungen muß man jedoch überholen weil die Geschwindigkeit nicht unter ~ 15kmh sinken soll,
der Motor verliert an Drehmoment u Leistung - die "Würgerei" beginnt. Oben auf der Kuppe läßt man sich dann wieder überholen. Ist die Talfahrt lang zieht die Saxo erneut am Pedelec vobei,
dank besserer Freilaufeigenschaften - Nach dem "Ausrollen" läßt man sich wieder überholen.
Wer das sportlich u locker sieht, kommt damit gut zurecht u die gemeinsamen Touren machen viel Spaß. Gruß Doran


.
DiDi
Beiträge: 2095
Registriert: Montag 20. Oktober 2008, 19:27
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Re: Urlaub mit Saxonette u Pedelec

Beitrag von DiDi »

Doran ,
eine schöne Touren Beschreibung hast Du da angefertigt , mit allen Details ,
hat fast schon Schriftstellerische Züge ,
habs gerne gelesen ,

Gruß
DiDi
Für den inneren Schweinehund gibt es eine Erklärung aus der Evolution ; er muss uns zugelaufen sein .
Dampframme

Re: Urlaub mit Saxonette u Pedelec

Beitrag von Dampframme »

Habe deinen großen Bericht gelesen, doch was bedeutet" Das Vorderrad pendelt bis zu 3x zurück ", habs nicht verstanden.
horst

Re: Urlaub mit Saxonette u Pedelec

Beitrag von horst »

hallo Doran,
wenn ich deinen informativen Bericht so lese, bleibe ich doch sehr viel lieber bei unserem "Stinkerchen"
Die Gegend um Bonn herum ist doch sehr hügelig.

MfG. Horst/Bonn
Mike

Re: Urlaub mit Saxonette u Pedelec

Beitrag von Mike »

Hallo Doran

schöner Bericht - klasse zu Lesen!

...aber das mit dem 3x zurückpendelnden Vorderrad :hae: habe ich auch nicht verstanden.
Was wolltest Du damit sagen?

Schönen Gruß
Mike
doran

Re: Urlaub mit Saxonette u Pedelec

Beitrag von doran »

Das Auspendeln.
Setzt man die Saxo auf den Mittel-Ständer , so daß das Vorderrad frei ist, u dreht kräftig am Rad,
läuft es einige Zeit um dann irgendwann stehen zu bleiben. ( Gilt im Prinzip auch für Normalräder )
Bei minderwertigen Lagern läuft das Vorderrad langsam aus u steht, - ohne zurückzuschwingen
( pendeln ) Die Lagerreibung verhindert das. Bei reibungsarmen Lagern dreht sich das Rad nach
dem "Auslaufen" 1/2 bis 3/4 Umdrehung in die entgegengesetzte Richtung - kommt zum Stillstand
u pendelt wieder nach Vorne - wieder zurück - u wieder nach Vorne. Dieses Auspendeln kann man
bei guten Lagern bis zu 3 x beobachten. Die Saxo - Light zählt auch dazu. An meinem "Koga-Rad"
kann ich dies ebenfalls beobachten. Das kann jeder an seinem Rad mal probieren. Mittlere
Lagerqualitäten pendeln 1..2 x - schlechte Lager pendeln nicht. Ich hoffe mich hiermit verständlicher
ausgedrückt zu haben. Gruß Doran
Dampframme

Re: Urlaub mit Saxonette u Pedelec

Beitrag von Dampframme »

Jetzt hab ich es verstanden, danke für die erklärung.

Gruß Micha, der sich langsam überlegt seinen ganzen saxo-Salat zu verscherbeln und sich 2 gescheite Pedeleks zulegt.
nicht mehr Mitglied

Re: Urlaub mit Saxonette u Pedelec

Beitrag von nicht mehr Mitglied »

Dampframme hat geschrieben:Jetzt hab ich es verstanden, danke für die erklärung.

Gruß Micha, der sich langsam überlegt seinen ganzen Saxonette-Salat zu verscherbeln und sich 2 gescheite Pedeleks zulegt.
Hallo Mischa ,

... hatte nicht geahnt das Deine Grippe so stark ausgeprägt ist. =-O
Mache mir echt sorgen wenn Du hier FIEBERND solche Postings absetzt. :'( :'(


GUTE BESSERUNG

mfg Bernd
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Urban
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Registriert: Montag 20. Oktober 2008, 21:06
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Re: Urlaub mit Saxonette u Pedelec

Beitrag von Urban »

sehr schöner Bericht der die Stärken und Schwächen beider Antriebssysteme zeigt.
Pedelec habe ich schon mit 2 verschiedenen Rädern ausprobiert und war doch ziemlich enttäuscht.
Aufgrund des bei mir hohen Fahrergewichtes hält der Akku meist nur 10 km bei mir.
Selbst bei einem ganz modernen geliehenen Kalkhoff hielt der Akku anstatt der versprochnen 70 km nur 16 km
deshalb habe ich für mich persönlich vorerst das Thema Pedelec abgehakt.
Einzige Alternative ein Einradanhänger mit einer dicken Batterie zB 24 V und 100 AH hintendran



ElektrischeGrüße
Urban
herzliche Zweiradgrüße
Urban


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Sporti
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Re: Urlaub mit Saxonette u Pedelec

Beitrag von Sporti »

Hallo Urban,
daß nicht jeder mit einem Pedelec glücklich werden kann ist eine klare Sache.
Daß man mittreten muß (würde z.B.Dampframme nie tuen :wink: ), gefällt nicht jedem, der teure Accu und die Aufladeprozedur desselben.

Aber:
Mir würde der leise Motorlauf gefallen, sowei die wartungsarme Technik.
Und da ich wieder etwas fitter bin, könnte ich mir schon vorstellen, den Weg zur Arbeit mit einem Pedelec zu bewältigen.
Es dürfen für "Kraftfahrzeuge gesperrte Straßen" gefahren werden, und in einer Fahrradgruppe fällt man nicht als "Stinker" auf. Und die Führerschein und Versicherungsfreiheit sprechen für ein Pedelec.
Es gibt durchaus Einsatzgebiete, wo ein Pedelec Vorteile gebenüber einer Saxonette hat.

Die Beiträge von Doran dienen ja mit zur Entscheidungshilfe.
Viele sind ja auch nur deshalb von einem Pedelec enttäuscht, weil die Erwartungen zu hoch, sowie das Rad nicht das geeignete war.
Es muß ja keiner ein Pedelec kaufen.

Was hattest Du genau für Räder, Urban?

Wieviet Volt, und Ah.
Lag es vielleicht daran, daß Du von vornherein zu wenig hattest ?
Auch da hat Doran Empfehlungen gemacht.

Danke Doran für deine aufklärenden Beiträge.
Sie sind eine vorzügliche Entscheidungshilfe.

Sporti
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